Inspiration

Zwei blaue Haken

„Wenn das hier blau ist, hat er es gesehen.“ Ein Satz, der in einem Café vom Nachbartisch zu mir herübertönte und mir ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Nicht, weil ich sofort wusste, worum es ging (WhatsApp sei Dank). Vielmehr hatten die beiden Gesprächspartner meine ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen: Zwei sympathisch und weltoffen wirkende Herren, weißhaarig, mindestens sieben Jahrzehnte Lebenserfahrung im Gepäck. Sie setzten sich bei Kaffee und Kuchen in gemütlicher Umgebung mit dem auseinander, was ihre vermutlich jüngeren Familienmitglieder ihnen empfohlen, gezeigt oder vielleicht sogar installiert hatten. Und tauschten dabei interessiert ihr neu erlangtes Wissen aus. Was für ein schönes Bild!

Panta rhei

Lebenslanges Lernen – so sieht es für mich aus! Das heißt offen über den Tellerrand zu schauen, sich immer wieder mit Neuem auseinanderzusetzen und so den Alltag zu erfrischen. Egal in welchem Alter und unabhängig von einem Lernziel. Es geht dabei nicht nur darum, den Geist fit zu halten. Es geht um Neugierde, Wissensdurst, Beweglichkeit. Dabei spielt das Loslassen von Altem und vielleicht bislang Bewährtem natürlich auch eine große Rolle. Offen sein für Neues heißt auch, sich weiterzubewegen. „Panta rhei“ – „Alles fließt“, dieser berühmte Sinnspruch aus der griechischen Antike bringt zum Ausdruck, dass im Leben alles in Bewegung ist. Leben ist Veränderung, Stabilität nur eine Illusion, auch wenn wir sie uns noch so stark wünschen. „Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen“, brachte der griechische Naturphilosoph Heraklit dieses Lebensphänomen sinnbildlich auf den Punkt. Das Wasser im Fluss ist ebenso in Bewegung wie alle Erscheinungen in der Welt. Nichts bleibt, wie es ist.

Arbeitswelt im Wandel

In der Arbeitswelt wird das Thema „Lebenslanges Lernen“ vor allem mit Digitalisierung in Verbindung gebracht. Arbeiten 4.0 erfordert digitale Kompetenzen, aber eben auch Flexibilität: Etablierte Berufe wandeln sich, neue Berufsbilder entstehen, Büroräume werden flexibel gestaltet. Starre Unternehmensgefüge sind mehr und mehr fehl am Platz. Vor allem seitens der Arbeitnehmer werden die Rufe nach Flexibilität lauter: flexible Arbeitszeiten, Arbeitszeitkonten, Elternzeit oder Sabbaticals gehören heute für die jüngeren Generationen zu einem „guten Job“, ebenso wie Angebote zur persönlichen und beruflichen Weiterbildung. Kriterien wie die Höhe des Gehaltes oder die Sicherheit des Arbeitsplatzes spielen da mittlerweile eine untergeordnete Rolle. Das war zur Zeit unseres Einstiegs in das Berufsleben noch ganz anders! Lange Unternehmenszugehörigkeit wurde uns als erstrebenswert vorgelebt, der Blick nach Karriere und Gehalt war fester Baustein des Arbeitslebens, das in erster Linie vom Arbeitgeber vorgegeben wurde (wie der Name schon sagt 😄). Leider hatten wir, als Babyboomer, auch keine Forderungen zu stellen, denn schließlich kämpften wir noch darum, überhaupt einen passenden Arbeitsplatz zu erhalten. Auch das ist heute anders, jedenfalls für jüngere Generationen.

Neues mit Altem verbinden

Als Ü50-Arbeitnehmer sieht man den Wandel der Arbeitswelt nicht ganz so locker: Wir sind davon betroffen, dass es unseren erlernten Beruf so nicht mehr gibt, dass die Anforderungen sich geändert haben und sich immer schneller ändern. Und gleichzeitig werden wir im Begreifen immer langsamer! Wir brauchen mittlerweile länger, um uns neue Vorgänge zu merken und tüfteln konzentriert an technischen Neuerungen und Programmen, während unsere jüngeren Kollegen noch nebenbei Musik hören. Das macht uns Angst, denn ein möglicher Verlust des Arbeitsplatzes wird mit zunehmender Nähe zum Rentenalter immer dramatischer. Aber ich bleibe dabei: Wir sind Experten und wir sind viele! Und auf unsere Lebens- und Berufserfahrung zu verzichten, wäre für viele Unternehmen verheerend. Jedoch müssen auch wir uns und unsere Kompetenz weiterentwickeln, um Neues mit Altem zu verbinden!

Voneinander lernen

Lebenslanges Lernen hat aber für mich nicht nur etwas mit der digitalisierten Arbeitswelt zu tun. Für mich ist es vielmehr ein Austausch über die Jahrzehnte hinweg: Wir geben unsere Erfahrungen weiter, lernen dafür von den jüngeren Generationen. Was, das ist jedem selbst überlassen. Das können technische Neuerungen ebenso sein wie Wünsche oder Verhaltensweisen. Wieso denn nicht mal eine Auszeit nehmen? Wieso denn nicht noch eine Weiterbildung? Wieso denn nicht Carsharing, Klamottenkreisel oder Couchsurfing? Käme doch auf einen Versuch an, oder?

Also: Bleibt flexibel und wissensdurstig! Und wenn ihr etwas macht, was ihr noch nie getan habt, setzt einen Haken dran und freut euch über euren Mut, Entdeckergeist oder Irrsinn. Bei zwei blauen Haken hat’s jemand gelesen 😉

 

3 Gedanken zu „Zwei blaue Haken“

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