Inge Sievers: Die Liebe des Anderen
Miteinander

Späte Liebe, großes Glück

Der Freund meiner Mutter ist neulich 85 geworden. Dabei ist er körperlich und geistig so fit, dass er locker als Mittsiebziger durchgehen kann. Als durch und durch sportlicher Typ hat er sich gerade erst eine Auszeichnung zum 45. (!) deutschen Sportabzeichen verdient. Was für ein Vorbild für uns Babyboomer, die ein Großteil ihrer Zeit mittlerweile wenig rückengerecht vor dem PC verbringen oder aus sonstigen Gründen über Schmerzen entlang der Wirbelsäule klagen. Der Freund meiner Mutter klagt nicht, er bewegt sich. Und hält damit auch meine Mutter fit.

Ja, meine Mum hat sich nach dem Tod meines Vaters noch einmal richtig verliebt. Nie werde ich ihren Anruf vergessen, bei dem sie mir gestand: „Stell dir vor: Ich bin verliebt! Ich habe solche Schmetterlinge im Bauch!“. Da war sie 74. Ich war so gerührt, dass mir die Tränen kamen. Wie wundervoll, in diesem Alter noch einmal so ein Glück zu finden! Gefunden haben sie sich nicht per Online-Dating (das übrigens auch unter Senioren weit verbreitet ist), sondern – wen wundert es – auf dem Sportplatz!

Eigene Hobbies und Zeit für sich selbst

Seitdem verbringen sie jeden Tag miteinander: Tägliche Spaziergänge und Gymnastikeinheiten strukturieren ihren Alltag, aber auch gemeinsames Einkaufen und Kochen, Rätseln und Fernsehen. Jeder denkt für den anderen mit und kümmert sich, so gut es geht. Trotzdem legen beide Wert auf eigene Hobbies und Zeit für sich selbst. Der Freund meiner Mutter gibt Sportunterricht, meine Mum begeistert sich fürs Arbeiten mit Ton und fürs Malen. (Das Titelbild ist übrigens von ihr und heißt „Partnerschaft“.) Zusammen wohnen möchten sie nicht. Dass jeder seine eigenen vier Wände behält, finden sie völlig in Ordnung.

Große Reisen stehen nicht auf dem Programm, eher Familie, Freunde und Nachbarn. Da wird der über 90-jährige Freund betreut oder die reiche Schar an Enkelkindern. Per WhatsApp halten sie Kontakt zu allen Familienmitgliedern, egal wo diese gerade in der Welt unterwegs sind. Und gemeinsam pflegen sie auch die Gräber ihrer verstorbenen Ehepartner, mit Respekt füreinander.

Tag des Glücks

Warum ich euch das alles erzähle? Weil dieses späte Glück trotz mancherlei körperlicher Beschwerden und Sorgen um die Rente eine solche große Lebensfreude und Zufriedenheit ausstrahlt. Das ist vorzeigens- und nachahmenswert!

Und, na ja, außerdem hatten wir diese Woche nicht nur Frühlingsanfang, sondern auch den Internationalen Tag des Glücks. Glückliche Menschen leben eben nicht nur in Finnland (laut World Happiness Report 2018 wohnen dort die meisten happy people), sondern auch mitten unter uns. Denn auch so kann es aussehen, das Glück!

Glück ist immer das, was man dafür hält. Das hat auch mit Lebenserfahrung zu tun.

2 Gedanken zu „Späte Liebe, großes Glück“

  1. Oh ja, das ist doch so schön, wenn man in dem Alter noch einen lieben Menschen trifft, dem man seine ganze Liebe und Zuneigung schenken kann. Mein Schwiegervater (damals 60) hatte nach dem Tod seiner zweiten Frau auch wieder eine Partnerin gefunden, mit der er fast 25 Jahre zusammen war. Länger wie mit jeder seiner zwei Ehefrauen (leider). Sie waren so ein schönes Paar und die Familie war so froh drüber.
    Viele Grüße
    Gudrun

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